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Fahrt zum Militärfahrzeugtreffen nach Darlowo (ehemals Rügenwalde), Polen, Juni 1999 |
Drei Wochen nach dem D-DAY-99 Veranstaltungen in der Normandie fand ein anderes interessantes Militärfahrzeugtreffen statt. Der Bürgermeister vom Darlowo (bis 1945: Rügenwalde) an der polnischen Ostseeküste lud ein zum Panzer- und Militärfahrzeugtreffen.
Deutsche Militärfahrzeuge in Polen. Das konnte ein interessantes Treffen werden. Ich bin bis dahin nie in Polen gewesen, also war es ein echtes Abenteuer.
Wir beschlossen mit einem richtigen Militärfahrzeug zu fahren. Da ich zu der Zeit noch kein fahrbereites Kettenkrad hatte, nutzten wir die Gelegenheit, im VOLKSWAGEN ILTIS "Jeep" eines Freundes mitzufahren. Der Freund wollte mit mehreren Fahrzeugen zu dem Treffen und konnte natürlich nur eines selbst fahren. So brauchte er dann noch einen Fahrer, um seinen TATRA 813 8x8 LKW zurück nach Hause zu fahren. Das wurde dann mein Job.
Einen Tag vor der Abfahrt kam der Schock: Jemand erzählte mir, man bräuchte für die Einreise nach Polen unbedingt einen Reisepaß. Mein Reisepaß war seit Jahren abgelaufen und es war natürlich unmöglich, innerhalb eines Tages einen neuen zu beschaffen. Vom ADAC erfuhr ich dann, daß es doch möglich sei, nur mit einem deutschen Personalausweis einzureisen. Allerdings bräuchte man dann ein Zusatzdokument, welches zwischen DM 20 und DM 100 kosten würde, je nach Laune des Zöllners. Oh weh! Aber was sollte es, wir konnten keine Reisepässe mehr besorgen und mußten es daher wagen, nur mit dem Personalausweis loszufahren.
Wir starteten am Freitag mit dem ILTIS Richtung Osten: Mein Freund Carsten, meine Frau Regina und ich. Wir fuhren durch die ehemalige DDR nach Berlin. Dann auf dem Autobahnring nördlich um Berlin herum und dann weiter Richtung Stettin und polnische Grenze.
Je näher wir zur Grenze kamen, um so aufgeregter wurden wir: Würden sie uns einreisen lassen, nur mit Personalausweis? Würden wir an der Grenze Probleme bekommen wegen des Bundeswehr Flecktarn-Anstrichs des ILTIS? Was würden wir für das Zusatzdokument bezahlen müssen?
Als wir an die Grenzkontrollstelle kamen, gaben wir dem polnischen Einreisebeamten unsere Personalausweise und warteten. Er sah sie durch, sagte: "Danke" und ließ uns weiterfahren! Kein Ärger, keine zusätzlichen Kosten, keine Wartezeit! (Wenn ich da an meine Erfahrungen mit dem französischen Zoll 1998 auf dem Weg nach Beltring zurückdenke...)
So fuhren wir nun -sehr erleichtert- weiter gen Osten.
Der Zustand der polnischen Autobahn war nicht schlecht. Nach ein paar Kilometern endete die Autobahn und führte als Nationalstrasse weiter. Auch die war in gutem Zustand. Wir hatten rund 130 km zu fahren von der polnischen Grenze bis zu unserem Zielort Darlowo. Wir kamen dort ohne Probleme an. Die erste Überraschung war, daß Darlowo (früher Rügenwalde) ein belebter Badeort war, mit vielen "normalen" Touristen, Hotels usw.
Zuerst fuhren wir auf das Veranstaltungsgelände und sahen uns um. Es war Freitag nachmittag und es waren bereits eine Menge Fahrzeuge auf dem Platz, darunter auch einige Panzer. Es gab ein Fahrgelände und die Fahrzeuge fuhren regelmäßig durch den Schlamm.
Danach fuhren wir in unsere Pension und waren froh ein Schild "Deutsch Sprach Pension" vorzufinden. Das machte doch alles etwas leichter.
Der DKW Munga "Jeep" kommt von rechts. Er hat also Vorfahrt... |
Am Samstag kamen noch mehr Fahrzeuge auf das Gelände. Die meisten waren in Privatbesitz aber es waren dort auch zwei Panzer mit Besatzungen welche im aktiven Dienst der polnischen Armee standen!
Hier eine kleine Liste der anwesenden Fahrzeuge:
LEOPARD 1 A4 (Deutscher mittlerer Kampfpanzer) |
T55 (Russischer Kampfpanzer. Im aktiven Dienst bei der polnischen Armee) |
T72 Bergepanzer (Russicher Bergepanzer, ex. NVA) |
PT 76 Schwimmpanzer (Russisch) |
2 x T34 Panzer (1 x komplett, 1 x ohne Turm) |
BMP Russischer Schützenpanzer (Kette), in aktiven Dienst bei der polnischen Armee |
BTR 60 (Russischer Schützenpanzer (Rad), 8x8, schwimmfähig |
2 SIL Amphibien-LKW (Russische Kopie des amerikanischen DUKW) |
2 TATRA 813 8x8 LKW (Zugmaschinen) |
2 KRAZ 255 6x6 LKW |
Sd.Kfz. 251 Halbketten-Schützenpanzer (Der echte, kein modifizierter tschechischer OT!) |
Klick auf die Beschreibung um ein Bild zu laden!
Dies waren nur die grossen Fahrzeuge. Es gab dazu noch viele kleinere Militärfahrzeuge: Motorräder, "Jeeps", und Lastwagen. Viele von ihnen aus russischer Produktion.
Die meisten der Fahrzeuge wurden den ganzen Tag im Fahrgelände bewegt. Oft beladen mit vielen Leuten. Eine Menge Touristen kamen mit ihren Familien aus dem Badeort um die Militärfahrzeuge zu sehen. Das Geräusch der großen Panzermotoren war das ganze Wochenende weit zu hören.
Der Platz mit den grossen Fahrzeugen. Hinter den Bäumen ist der Strand und die Ostsee zu sehen. |
Der T55 Panzer der polnischen Armee hatte sich im Schlamm festgefahren und lag mit der Wanne auf. Die Ketten liefen, aber nichts rührte sich.
Kein Problem, wenn man schweres Bergungsgerät hat: Der LEOPARD Panzer zog den T55 aus dem Schlamm. Auf dem Bild steht der T55 schon wieder auf festem Grund und die Besatzung entfernt gerade die Schleppseile.
Am Samstag gab es eine Parade durch die Stadt. Ich fuhr den TATRA 813 mit rund 12 Leuten auf der Ladefläche. Die Strassen in der Stadt waren schmal und manche Ecken waren ganz schön eng für einen 8x8 LKW. Aber wir kamen durch. Der LEOPARD 1 Panzer hatte da schon mehr Probleme. Ein polnischer Polizeiwagen fuhr vorneweg und die Frau des Bürgermeisters saß im Turm des Panzers.
Leider habe ich keine Bilder von der Parade, denn ich war voll damit beschäftigt, den TATRA durch die Stadt zu lenken.
In Darlowo (Rügenwalde) war die Feuerstellung zur Erprobung der 80 cm K(E) Eisenbahnkanone, bekannt unter dem Namen DORA. Dies war die größte Kanone, welche jemals tatsächlich zum Einsatz kam.
Das Geschütz mußte zum Transport zerlegt werden und auf zwei Eisenbahnzüge verteilt werden. Insgesamt benötigte man 2.000 Mann für den Aufbau und die Bedienung der Kanone. Dazu noch etwa 7.000 Mann zur Vorbereitung der Feuerstellung und für Sicherungsaufgaben. Zusammen also etwa 9.000 Mann!
Hier in Darlowo (Rügenwalde), wurde die Kanone im scharfen Schuß erprobt. Sie feuerte dabei hinaus auf die Ostsee. Diese Erprobung fand im November/Dezember 1941 statt, bevor die Kanone auf die Halbinsel Krim gebracht wurde, um die Festung Sewastopol zu beschießen.
Die Dora Feuerstellung ist auch heute noch auf dem Satellitenbild deutlich zu erkennen:
Dora Feuerstellung bei Darlowo (PL) auf MAPS LIVE (externer Link)
Noch heute existiert der große Platz, auf dem die mit zwei Eisenbahnzügen angelieferten Teile der Kanone mit Hilfe von großen Portalkränen zusammengebaut wurden. (Allein der Verschluß wog 400 Tonnen!)
Um diesen Platz gab es einen hohen Zaun als Sichtschutz. Man sieht diesen Sichtschutzzaun auf dem historischen Bild oben Bild links von der Kanone.
Der Zaun war mehr als 10 m hoch und das Gelände misst rund 150 x 400 m. Es gab keine Überdachung. Schutz gegen Fliegersicht wurde damals noch nicht für erforderlich gehalten, da der Platz 1941 außerhalb der Reichweite alliierter Flugzeuge lag.
Und so sah dieser Platz mit den Überresten des Sichtschutzzauns bei unserem Busch im Jahr 1999 aus:
Die Lücken zwischen den Betonpfeilern oben waren früher durch Holzbretter verschlossen. Diese Bretter sind längst verrottet und fehlen.
Im Vordergrund sieht man die Fundamente für die Schienen der Portalkräne.
Dieser Platz ist (fast) das einzige Überbleibsel der größten Kanone der Welt. Er ist Teil eines Kasernengeländes der polnischen Armee und Sperrgebiet. Wir hatten die Genehmigung, mit unseren historischen Militärfahrzeugen in dieses Sperrgebiet zu fahren. Ein polnischer Offizier begleitete uns und führte uns auf das Gelände. Dies war schon eine seltsame Erfahrung im Jahre 1999. Wenige Jahre vorher wäre dies undenkbar gewesen.
Am Sonntag begannen wir unsere Rückreise nach Deutschland. Über 600 km lagen vor uns und dem TATRA. Die ersten Kilometer auf schmalen Landstrassen waren etwas schwierig, da die Strassen in den kleinen Dörfern nicht für so große Lastwagen gedacht waren. Der brüllende Klang des luftgekühlten V12 Dieselmotors hallte zurück von den Hauswänden.
Auf dem Heimweg. Meine Frau Regina steht in der MG-Luke des TATRA 813. Hinter dem TATRA steht der ILTIS "Jeep", den wir auf der Hinreise benutzt hatten. |
Auf dem Rückweg achteten wir darauf, daß die Kraftstofftanks des TATRA mit maximal 200 l gefüllt waren. Damals durfte man keine polnische Währung ausführen und auch nicht mehr als 200 l Kraftstoff in den Fahrzeugtanks.
Auf dem Rückweg gab es wieder keine Probleme bei der Grenzkontrolle. In fünf Minuten war alles erledigt. Der TATRA fuhr einwandfrei und rollte mit 80 km/h Richtung Westen. Der Klang des luftgekühlten V12 Dieselmotors mit 18 l Hubraum ist phantastisch. Darum fuhren meine Frau und ich den ganzen Tag mit Ohrschützern....
Ohne weitere Probleme waren wir am Sonntagabend zurück in Braunschweig. Es war eine großartige Reise und ein echtes Abenteuer.
© A. Mehlhorn, 1999-2009